Donnerstag, 22. Januar 2015

Tage des Wahnsinns – Alltag

Wir kennen sie alle, die Tage des Wahnsinns. Du steigst mit dem falschen Fuss aus dem Bett und fühlst schon am Morgen früh, dass der Tag verflucht ist. Übermüdet stehst du auf, zu spät natürlich… Und als ob das nicht genügen würde, verschüttest du den Kaffee, die Dusche gibt’s nur in kalt (du musstest es ja unbedingt erst 5 min nach dem Rest des Hauses ins Bad schaffen) und auf halbem Wege zur Arbeit merkst du, dass die Hälfte der Sachen noch zu Hause neben der Eingangstür steht und darauf wartet mitgenommen zu werden.

Bei der Arbeit scheinen die Herren Kollegen gerade simultan ihre Tage bekommen zu haben und  die Damen sind „einfach nur Mal wieder wetterfühlig“. Überempfindlich sind wir an den Tagen ja sowieso.
Zu allem Übel hat sich die Motivation einen Kurzurlaub gegönnt und die Konzentration ist ihr hinterhergeflogen um sie zur Umkehr zu bewegen, doch kaum dort, waren Ferien dann doch interessanter. Vor der Mittagspause stürmt der Chef mit einer Wochenladung Arbeit heran und fordert, diese bis 16:00 des gleichen Tages erledigt auf dem Tisch zu haben… Adé früher Feierabend, ich hatte dich doch soooo gern gehabt.

Zu Hause angekommen blafft der Nachbar Schmitz dich an, der Fernseher sei gestern Abend wieder viel zu laut gewesen (Wir aber waren doch mit Freunden was trinken…) und hätte die arme Hildegard  (Nachbars Katze, ein fettes, verfilztes Fellknäuel kurz vor dem spirituellen Aufstieg zum Catstafari) beim Schönheitsschlaf gestört. Jahaaa, sie gehen ab diese Tage, wie Schmitz‘ Katze nämlich, also gaaaar nich!

Ja, wir kennen sie alle, die Tage des Wahnsinns.

Es sind Tage wie aus dem Bilderbuch... Ein schlechtes Bilderbuch zwar, aber sie machen immerhin gut was her um einen vor Zynismus triefenden Halbseiter zu verfassen.

Nun, im Nachhinein lassen sich solche Tage, die wirklich nur von einem geistesgestörten Regisseur choreografiert worden sein können, mit Humor nehmen. Irgendwie… Nicht aber meine Tage des Wahnsinns, denn ich hab ein anderes Wort dafür: Alltag!

Ich stehe Morgens auf, lasse mich durch den Morgen treiben, bis ich bereit bin das Haus zu verlassen. Das Haus, meine Wohnung, mein Sanktum der Ruhe, mein Rückzugsort, meine Höhle. Hinaus in die Welt, ein Labyrinth, ein oft sinnfreies Konstrukt der Ineffizienz, manchmal auch meine Hölle.

Ich sage seit einer Weile „Du kannst den Stahl an den Feuern messen, in denen er geschmiedet wurde.“, ich sage auch „Ich wurde in den Höllenfeuern geschmiedet.“ Für Aussenstehende mag dies wie die fatalistisch-depressive Überinterpretation eines Mittzwanzigers aussehen, doch wer dies sagt ist nicht einen Schritt in meinen Fussstapfen gegangen.

Entgegen der Erklärungsversuche der Fachliteratur, habe ich keine fixen Rituale oder Routinen die ich Tag für Tag durchlaufe. Ich habe Muster. Diese kommen und gehen, sehe ich mich mit einer neuen Situation konfrontiert, so entwickeln sich diese, verändert sich mein Leben, so verändern sich meine Muster. Vielleicht bin ich mit einer aussergewöhnlichen Freiheit unter Meinesgleichen gesegnet, vielleicht liegt auch die Literatur falsch. Beobachtungen können auch falsch interpretiert werden.

Zurück zum Morgen, ich verlasse das Haus. Die ersten Autos habe ich längst gehört, die ÖV genau so (Wieso muss diese Welt da draussen nur SOOOOO wahnsinnig viel unnötigen Lärm machen? Da, schon wieder, der Wahnsinn.), vor der Tür begegnen mir die ersten Menschen und wenn‘s gut läuft ist mir da die Lust schon vergangen, je nach Menschen. Es scheint sie in allen Grössen, Formen und Farben zu geben, das Spektrum spannt sich jedoch meist von nervig bis nervtötend, die statistischen Ausreisser (also Leute die ich mag) ausgenommen. Gut, das war jetzt leicht überspitzt…

Habt ihr schon mal gesehen, wie ein kopfloses Huhn herumrennt? Ich auch nicht, aber es wird sich wohl kaum zu fest von dem Unterscheiden, was viele der Menschen da draussen machen, wenn sie auf Autopilot schalten und das tun sie dafür umso öfters. Aus Prinzip scheinen sie in den Engpässen stehen zu bleiben, auch muss man ganz vorn ins Tram einsteigen um dann nach ganz hinten durchzulaufen, vorzugsweise dann, wenn man andere Fahrgäste damit am Ein- und Aussteigen hindern kann. Alte Leute sind auch toll, Einkäufe zur Mittagszeit, weil sie ja den ganzen Tag zeit hätten, immer sofort ins Tram drängen und alle anrempeln und beschimpfen, aber den Jungen das Warten, aus dem Weg gehen und Höflichsein abverlangen… Verdammte Scheisse, für ein „soziales Wesen“ ist der Mensch unglaublich asozial in seiner Natur.

Der Tag, eine Abfolge von Stunden, eingepfercht in kleine Räume mit vielen Menschen und viel Lärm, Menschen die plappern und viel unnötigen Lärm machen. Und der Kindergarten erst… Nach nunmehr 4.5 Jahren in der Arbeitswelt wage ich zu behaupten, dass „Arbeit“ sich darum dreht wermitwemjetztwieundwarumnichtoderebendochodernichtmehr klarkommt, durchsetzt mit Kaffekränzchen, Plauderrunden (alias Meetings und Brainstormings, Gehirnstürmungen… Ja so kommt mir das vor. o.O) und einigen wenigen  produktiven Phasen. Und dann behaupten die noch allen Ernstes, es bräuchte Arbeit um Geld zu verdienen… Versteh einer diese Menschen.

Im Regelfall nutzen Menschen die Zeit nach der Arbeit um sich zu sozialisieren, für Sport, oder zum Feiern, heisst ja Feier-Abend… Das ist dann die Zeit in der ich einfach nur noch froh bin mich wieder vor der Welt, dieser Hölle der kopflosen oder dauergackernden Hühner, verstecken darf. Bis zum nächsten Morgen wenigstens…

Kennen wir sie wirklich alle, diese Tage des Wahnsinns?

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen